[vc_row][vc_column][vc_column_text]„Ducken!“ brüllt der Pilot aus der Kapsel, ja natürlich, da oben tackern rasiermesserscharfe Rotorblätter, was soll man denn da sonst bitte schön tun? Schultern einziehen und schnell raus aus dem Einzugsbereich der Hubschrauberflügel, und den Kopf erst wieder heben wenn… da kommt ein schwarzer Fleck angeschossen. Ein kreischender schwarzer Fleck. Ist ein Vogel, der Fleck. Ist ein kleiner, völlig aufgebrachter Vogel mit weit aufgerissenem Schnabel, der auf Augenhöhe heran trudelt.
Text: Stefan Nink[/vc_column_text][vc_empty_space][/vc_column][vc_column][vc_column_text]Ducken! Zum Glück dreht das Teil unmittelbar vor dem Zusammenstoß mit dem linken Brillenglas ab. Mit seinem veränderten Kurs hat der Angreifer jetzt Schwierigkeiten, er schlingert in die Kurve, streift eine Hecke und kollidiert mit einem Artgenossen. Schließlich landet er torkelnd auf einem Ast, von dem dadurch sieben andere Vögel hinunter gestoßen werden, worauf sich der Baum (und alle anderen Bäume gleich mit) in eine einzige, schrill kreischende Materie verwandeln. Um Himmels Willen! Wo ist man denn hier gelandet? Man steht da wie betäubt und erwacht erst aus der Apathie, als einem ein weiteres Vogelgeschwader auf den Kopf – ja doch: kackt.
„Willkommen auf Heron Island!“, bahnt sich eine menschliche Stimme durch das Gezeter. Das Begrüßungskommando des inseleinzigen Resorts lächelt tapfer. Und sagt, dass wir Neuankömmlinge uns über eine Überraschung freuen dürften. Weil nämlich gerade die Hauptbrutzeit der Black Noddies begonnen habe. Ein älteres Ehepaar, das mit im Hubschrauber war, beginnt zu klatschen.[/vc_column_text][vc_empty_space][vc_single_image image=“5911″ img_size=“full“ add_caption=“yes“ onclick=“link_image“][vc_empty_space][/vc_column][/vc_row][vc_row][vc_column][vc_column_text]So eine Mitteilung kann man natürlich nur einschätzen, wenn man die Umstände kennt. Also: Heron Island, 16,8 Hektar Land, ein grüner Tupfer im mintblauem Meer, gehört zu einer Insel-Kette, die sich vor Australiens Bundesstaat Queensland von Brisbane bis hinauf an die Nordspitze der Cape-York-Halbinsel zieht – und die sich prima zum australischen Island-Hopping eignet. Innerhalb dieser Kette wiederum gehört Heron zur Capricorn Bunker Group. Auf den Inseln dieses Archipels brüten in den Sommermonaten Millionen Vögel – deswegen treibt ein Name wie „Heron Island“ Ornithologen die Tränen der Sehnsucht in die Augen. Allen anderen jagt allein die schiere Zahl der gefiederten Mit-Gäste kalte Schauer über den Rücken. Beziehungsweise Hitchcock-Sequenzen ins Kleinhirn. Zum Zeitpunkt unserer Landung befinden sich etwa 160.000 Vögel auf dem Inselchen.
Der kleine Schwarze von eben, der Black Noddy: Das war eine Rauchseeschwalbe. Von denen sind 120.000 da – und keine kann besonders gut fliegen. Zu den Noddies kommen dann aber noch 40.000 Sturmvögel, die Mutton Birds. „Diese Vögel sind bekannt für ihre schaurigen Rufe in der Nacht“, klärt ein Hinweisschild im Zimmer auf, „wenn Sie sich belästigt fühlen, hält der Insel-Shop Oropax für Sie bereit“.[/vc_column_text][vc_empty_space][vc_single_image image=“5912″ img_size=“full“ add_caption=“yes“ onclick=“link_image“][vc_empty_space][/vc_column][/vc_row][vc_row][vc_column][vc_column_text]
Controlled Crash Landing
Leider steht auf dem Schild nichts davon, dass abends so ziemlich alle 40.000 Mutton Birds gleichzeitig von ihrem Tagesausflug aufs Meer zurück nach Hause kommen. Und man erfährt ebenfalls nichts darüber, dass Mutter Evolution auch bei der Flug- und Landetechnik dieser Spezies – Spannweite: ein knapper Meter – nicht so richtig voran gekommen ist: Ein Mutton Bird im Landeanflug erinnert an eine Katastrophe auf der Suche nach einem Ort, an dem sie geschehen kann. Die Landung selbst wird von Ornithologen euphemistisch als „controlled crash landing“ beschrieben, weil bei ihr alles zur Hilfe genommen wird, was die Anfluggeschwindigkeit irgendwie herabsetzt. Der Hotelfußweg. Die Fensterscheibe des Restaurants. Zur Not auch die Brust eines Gastes.[/vc_column_text][vc_empty_space][/vc_column][/vc_row][vc_row][vc_column][vc_empty_space][vc_single_image image=“5913″ img_size=“full“ add_caption=“yes“ onclick=“link_image“][vc_empty_space][vc_column_text]
Wer wissen will, wie sich so eine Wasserschildkröte anfühlt, muss man sich bloß bücken und so eine Wasserschildkröte hochheben.
Anders gesagt: Man ist heilfroh, dass man am nächsten Morgen raus aufs Meer kann. Heron Island gehört zu jenen Inseln, bei denen das je nach Wasserstand sogar zu Fuß geht: „Reef Walk“ heißt das dann. Bei so einem Riffspaziergang im knöcheltiefen Wasser kommt man sich vor, als wandere man in einem restlos überdimensionierten Salzwasser-Aquarium beim Apotheker herum. All diese knatschbunten Fische wuseln da unten zwischen Korallen und Füßen herum, und wenn man wissen will, wie sich so eine Wasserschildkröte anfühlt, muss man sich bloß bücken und so eine Wasserschildkröte hochheben.
Damit dabei nichts passiert, ist natürlich ein Guide dabei: Mike betrachtet seine Schützlinge mit flacher Hand über den Augen, weil die Sonne das Wasser mit Zillionen Karat funkeln lässt. Hinter ihm liegt Heron Island da wie eine Tropeninsel-Fata Morgana: Kristallweißer Sand mit sattgrünen Casuarinen im Hintergrund, fehlt bloß noch, dass Jack Sparrow auf der „Black Pearl“ angesegelt kommt. Erst am späten Nachmittag verdüstert dann eine große dunkle Wolke dieses vollendete Bild des Kitsches. Dann kehren die Mutton Birds zu ihren Schlafplätzen zurück.[/vc_column_text][vc_empty_space][vc_single_image image=“5914″ img_size=“full“ add_caption=“yes“ onclick=“link_image“][vc_empty_space][/vc_column][/vc_row][vc_row][vc_column][vc_column_text]
Hier die weiteren Teile von Inselhopping in Queensland:
Teil 2: Hayman
Teil 3: Great Keppel Island
Teil 4: Fraser Island und Hamilton[/vc_column_text][/vc_column][/vc_row]